der soziale Markt


 So gut Sophie es finden mag, dass sie als die Mächtigere ihren Kohl ernten kann oder Werkzeuge dazu bewegen kann ihre Arbeit zu erledigen, das Gesetz der Positivselektion hat aber auch seine Grenzen sobald Sophie auf einen Gegner trifft, der ihr in der Macht deutlich überlegen ist. Denn diese Gegner können mit Sophie genauso einfach umspringen wie Sophie mit ihrem Kohl oder ihren Haustieren. Vor mächtigeren Gegnern wie Stürme kann sie sich in ihrem Haus verstecken und hoffen, dass sie das Haus stabil genug gegen den Sturm gebaut hat. Vor anderen Gegnern wie die Gruppe der Gemeinschaft kann man sich nicht einfach verstecken und muss schauen wie man gegenüber dieser Übermacht leben kann. Sophie möchte ihre Gemeinschaft nicht zum Feind haben denn sie weiß dass sie vielleicht gegen ein oder zwei andere Menschen ankämpfen könnte, aber gegen alle Anderen würde sie sehr wahrscheinlich untergehen. Deswegen versucht sie so gut wie es geht mit ihrer Gemeinschaft in Harmonie zu leben und möglichst wenig den gesellschaftlichen Zorn auf sich zu lenken.

Jeder der Mitmenschen in Sophies Gesellschaft steht vor den gleichem Problem. In der Gruppe sind sie zusammen Stark aber von dieser Gruppe können sie nur profitieren wenn die Gruppe sie auch als Mitglieder akzeptiert. Ohne diese Akzeptanz können sich die Machtverhältnisse sehr schnell gegen einen einzelnen Menschen wie Sophie ändern. Und damit Sophie nicht wahllos von der Gruppe schikaniert werden kann hat sich die Gruppe selber eigene Regeln oder Gesetze gegeben an die sich die Gruppe aber auch Sophie halten muss um miteinander leben zu können. Diese Gesetze sollen einerseits sicherstellen, dass Sophie vor der willkürlichen Macht der Gruppe geschützt wird aber andererseits bestraft werden kann wenn Sophie gegen diese Gesetze verstößt. Diese Bestrafung wäre dann nicht mehr willkürlich sondern würde nach den Regeln der Gesetze ablaufen, auf die sich die Gemeinschaft geeinigt hat.

Aus all den Aktionen, die Sophie jederzeit ausführen kann, versucht sie immer die für sich selber beste Option auszuwählen. Die Regeln und Gesetze der Gemeinschaft, egal ob diese aufgeschrieben worden sind oder als implizite unausgesprochene Moral übergreifend gelten, immer beeinflussen sie die Handlungen von Sophie indem die Regeln die Wertigkeit von diesen Aktionen absenken oder aufstufen. Wenn Sophie z.B. auf dem Markt eine tolle Kette findet und unbedingt haben will, dann hat sie die naheliegende Option diese Kette auch zu kaufen und einen gleichwertigen fairen Handel durchzuführen indem sie für den Erhalt der Kette als Prestigeobjekt die Machtform ihres Geldes abgibt. Sie hat aber genauso gut die Option die Kette zu ignorieren und keine Machtformen dafür auszutauschen, sie kann selber eine Kette versuchen anzufertigen und somit mithilfe der Macht von anderen Materialien und ihrer eigenen Arbeit so ein Prestigeobjekt herzustellen, aber sie kann auch versuchen, die Kette zu stehlen und somit über einen Angriff auf den Händler an die Machtformen des Händlers zu gelangen. Je nach Intelligenz und Vorstellungskraft von Sophie gibt es auch viele weitere Optionen, die sie sich bewusst oder unbewusst ausdenken kann. Ihr Gehirn ordnet jetzt all diese möglichen Handlungsaktionen und führt die Aktion aus, von der sie denkt dass es die beste Option für sie sei.

Regeln und Gesetze führen nun dazu, dass einige Handlungen priorisiert durchgeführt werden und andere Handlungen lieber vermieden werden sollten. Wenn die Gemeinschaft Diebstähle nicht mag und Sophie dafür aus der Gemeinschaft verbannen würde, dann wäre es eine sehr schlechte Idee die Kette einfach zu stehlen. Sophie muss damit schon einen sehr guten Grund haben diese Option gegen den Willen der Gemeinschaft auszuführen. Unwissenheit oder der Kick der Gefahr könnte sie dazu verleiten dieses Risiko doch einzugehen. Aber im Normalfall ist es viel wahrscheinlicher, dass sie anhand ihrer Münzen entscheidet die Kette einfach zu kaufen oder es nicht zu tun. Und wenn sie es nicht tut ob sie die Kette dann versucht selber nachzumachen. Es könnte auch eine Regel geben, dass die Kette im Sonderangebot ist und somit aktuell billiger als sonst zu haben ist. Solche Regeln beeinflussen die Kaufoptionen von Sophie natürlich genauso, in diesem Fall um die Kaufoption wahrscheinlicher zu machen. Denn wenn sie abschätzt wie viel Aufwand es ihr kosten würde die Kette selber aufzufädeln, dann ist das Sonderangebot zu kaufen vielleicht deutlich einfacher.

Jede Regel, die die Gemeinschaft einführt, hat also Auswirkungen auf das Verhalten der Menschen in der Gemeinschaft, die sie jederzeit in ihren Handlungen berücksichtigen müssen. Aber im Gegensatz zu den Naturgesetzen können die selbst gegebenen Regeln auch jederzeit beliebig gebrochen werden, nur dass die Regelbrecher dann mit einer Bestrafung rechnen müssen. Und jedes selbst gegebenes Gesetz der Gruppe lenkt durch die veränderten Handlungsoptionen der einzelnen Leute die Machtverteilung der Gruppe. Regelungen, die nur einzelnen Menschen zugute kommen sodass diese Menschen Macht gewinnen, gehen immer zulasten der anderen Menschen die diese Macht bezahlen müssen. Und es gibt Regeln die allen Menschen helfen wie: Du darfst keine anderen Menschen töten. So eine Regel hilft jedem weil dadurch auch jeder eine verringerte Gefahr hat willkürlich bedroht zu werden.

Wenn Sophie und alle anderen Dorfbewohner also eine Steuerabgabe an Drako zahlen müssen, einfach weil sie in der Gemeinschaft von Drako leben aber ohne dass sie irgendwelche anderen Vorteile davon bekommt, dann verteilt sich die Macht der Gruppe auf einen einzelnen Menschen, nämlich Drako. Drako sammelt diese Macht ein und kann dann beliebig darüber entscheiden was er mit diesen Werten anstellt. Er kann sich ein tolles Haus kaufen oder bauen lassen oder er kann seine Macht nutzen um die Gruppe wieder zu stärken. Aber weil er die Macht der anderen einsammelt hat er auch in allen anderen Fragen ein größeres Stimmrecht weil keiner der Dorfbewohner sich mit ihm anlegen will. Drako hat ja die gesammelte Macht der Gruppe und kann diese genauso gut einsetzen um Rache an einem unliebsamen Dorfbewohner zu nehmen.

Wie die Gemeinschaft von Sophie also zusammen lebt hängt davon ab, wie die Macht sich in der Gruppe verteilt. Wenn Drako alle Macht auf sich vereinen kann, dann herrscht er als Diktator über der Gruppe und kein anderes Gruppenmitglied kann ihm seine Macht streitig machen. Durch seine Macht kann er wiederum die Regeln der Gemeinschaft festlegen und somit seine Macht sichern oder dafür sorgen, dass die Machtpositionen immer wieder zurück zu ihm kommt. Drako muss aber auch nicht alles alleine machen. Wenn er eine kleine Bande um sich herum hat, dann ist er zwar nicht Alleinherrscher, aber die Macht sammelt sich bei einigen wenigen Leuten an, die dann über alle anderen der Gruppe entscheiden können. Drako muss dann nur noch dafür sorgen, dass er unter all seinen Oligarchen der Mächtigste bleibt um weiterhin bestimmen zu können.

Umso breiter sich die Macht in Sophies Gruppe verteilt, desto demokratischer wird die Gruppe. Denn umso breiter sich die Macht verteilt, desto geringer sind die Unterschiede in der Macht zwischen den Menschen und umso schwieriger fällt es einzelnen Menschen wie Drako sich über andere Menschen wie Sophie stellen zu können. Wenn im anderen Extremfall die komplette Macht gleichverteilt über alle Menschen der Gruppe ist, dann hat Jeder exakt die selbe Macht und damit gleichberechtigtes Mitspracherecht über alle Entscheidungen der Gruppe.

Machtverteilung in Gruppen von Menschen

Exemplarische Machtverteilung in unterschiedlichen Gruppen mit 4 Mitgliedern.
Weil in der roten diktatorischen Gruppe die Macht des ersten Gruppenmitglieds so viel größer ist als die Macht aller Anderen zusammen genommen kann dieses Gruppenmitglied auch als Alleinherrscher auftreten. Kein anderer aus der Gruppe, nicht einmal wenn sie sich zusammen tun, kann ihn in seiner Macht schlagen. In der orangenen Gruppe sieht die Verteilung nicht so eindeutig aus. Trotzdem gibt es auch in dieser Gruppe ein Machtungleichgewicht, welche sich größtenteils auf das erste und das zweite Gruppenmitglied verteilt. Diese beiden Personen können zusammen über die Gruppe herrschen und bilden somit eine Art Oligarchie. Der Rest der Gruppe könnte sich zusammenschließen aber jeder Oligarch hat immer noch mehr Macht als der Zusammenschluss und kann sich somit gegen alle Anderen unterlegenen Gruppenmitglieder wehren. Auch in der gelben Gruppe haben die ersten beiden Personen mehr Macht, aber der Machtunterschied ist nicht allzu groß sodass sie ihre Macht nicht unbegrenzt ausnutzen können. Denn die Gruppe könnte sich immernoch zusammenschließen und somit einen einzelnen Mächtigen der Gruppe überstimmen. Die grüne Gruppe ist komplett gleichberechtigt, jedes Gruppenmitglied ist exakt genauso stark und hat in Machtkämpfen die gleiche Chance sich durchzusetzen bzw. Machtkämpfe lohnen sich nicht weil beide Gruppenmitglieder zwangsweise dadurch Macht verlieren würden und somit die anderen Gruppenmitglieder relativ zu ihnen bevorteilen.
Aus der Grafik kann man auch leicht sehen, wie sich die Machtverteilungen in Gruppen mit mehr Leuten verhallten könnte. Man ordnet alle Menschen nach ihrer (bewerteten) Macht und je nachdem wie die Verteilung dann aussieht kann man die Gruppe einordnen. Aber man sollte dabei immer im Hinterkopf behalten, dass sich diese Verteilung jederzeit durch Interaktionen oder Machtkämpfe zwischen den Menschen ändern kann. Außerdem kann kein Mensch die exakte Macht der Menschen kennen sondern lediglich eine Bewertung der Macht abgeben, also nur eine ungefähre Einschätzung wie groß die Macht der Menschen in der Gruppe wirklich aktuell ist.

Beide Extremfälle haben ihre Tücken. Die komplett zentralisierte Macht mit einem einzelnen Herrscher ist genauso ineffizient wie eine komplett dezentralisierte Macht einer Demokratie. Denn während ein einzelner Herrscher mit nur einer Fehlentscheidung die gesamte Gruppe gefährden kann benötigt eine komplett demokratisierte Gruppe sehr lange für eine wirkliche Entscheidung weil ja jedes mal die Meinung aller Gruppenmitglieder eingeholt werden muss. Ein guter Mittelweg zwischen kompletter Diktatur und kompletter Demokratie ist wichtig für ein optimales zusammenleben.

Wenn Drako der Alleinherrscher der Gruppe ist, und er alle Arbeiten vorschreiben kann, die Sophie zu erledigen hat, dann kann es sein, dass Sophie keine Zeit mehr findet ihre Kohlköpfe auf dem Feld anzubauen weil sie von Drako andere Aufträge erhält wie Teppiche weben oder Werkzeuge herzustellen. Solche Aufgaben oder Regeln für Sophie bevorteilen Drako nicht direkt sodass Drako nicht vorgeworfen werden kann sich durch diese Regeln zu bereichern. Aber sie verhindern trotzdem dass Sophie ihrer eigentlichen Arbeit auf dem Feld nachgehen kann. Die Steuerung der Arbeitsverhältnisse durch die Preise werden mit diesen Regeln außer Kraft gesetzt sodass Sophie nicht mehr erkennen kann, wann sie zu wenig auf dem Feld arbeitet um Nahrung anzubauen. Wenn Sophie Drako vertraut und ihre zugewiesene Arbeit erledigt, dann geht sie insgeheim davon aus, dass Drako sich auch um ihre Nahrungsversorgung kümmert. Sollte Drako das aber vergessen haben und Sophie denk nur dass Andere auf dem Feld für Nahrung sorgen, dann kann es durch die Regeln von Drako schnell zu einer Hungersnot kommen.

Das ist nur ein Beispiel, wie Drako schlechte Entscheidungen für die Gruppe treffen kann, es gibt natürlich noch unzählige weitere, alleine wenn Drako egoistisch alle Macht einfach an sich reißt und für sich behält. Wenn Drako sich wegen seiner Macht also z.B. 90% aller Nahrung einfach von Sophie als Steuerabgabe nimmt, dann kann es in der Gemeinschaft auch wieder zu einer Hungersnot kommen weil nicht mehr genug Nahrung für alle übrig bleibt.

Aber stellen wir uns einmal das komplette Gegenteil vor: Jeder der Gruppe ist absolut komplett gleichberechtigt. Dann könnte z.B. auch die gesamte Gruppe darüber entscheiden welche Feldfrüchte Sophie anbauen soll. Sollte sich die Gruppe dafür entscheiden, dass Sophie Spargel anbauen muss, obwohl Sophie den Spargel nicht besonders mag und es weniger Ertrag gäbe als große Kohlköpfe vom Feld zu hohlen, ist Sophie trotzdem gezwungen den Spargel für die Gemeinschaft anzubauen. Sophie könnte mit der Mehrheit in ihrer Gemeinschaft natürlich jetzt auch dem gleichberechtigten Jäger vorgaben machen wie dass er nur noch Kaninchen statt Hirsch jagen darf. Im Endeffekt wird die Gemeinschaft dadurch aber wieder ineffizienter weil Sophie eben nicht die Erfahrung des Jägers hat. Genauso wie alle anderen größtenteils nicht wissen, wie Sophie am sinnvollsten auf ihrem Feld arbeitet und welche Pflanzen am besten in der Klimazone gedeihen.

Zusätzlich dazu ist es auch sehr anstrengend sich um all die Belange der Anderen zu kümmern und jeden Tag darüber abzustimmen. Denn nur weil Sophie es nicht kümmert was der Jäger im Wald macht, dem Jäger ist es nicht egal. Der Jäger wird also wegen der Gleichberechtigung seine Aktionen auch mit allen anderen abstimmen wollen wie wenn er z.B. Wölfe oder Löwen in der Umgebung gesehen hat und diese vertreiben will. Komplette Gleichberechtigung bedeutet, dass jeder seine Meinung darüber abgeben darf und jede Meinung auch ein gleichberechtigtes Gewicht hat. Dem Jäger interessiert es genauso herzlich wenig, ob Sophie ihr Feld mit einem Stock, einer Spitzhacke oder sonstwie umpflügt. Trotzdem müsste er sich mit diesem Problem beschäftigen weil Sophie sich damit gleichberechtigt beschäftigt. Für wenige Gemeinschaftsmitglieder ist diese Abstimmung vielleicht noch möglich, aber Sophie hätte einfach keine Zeit sich über all die Probleme von mehr als 150 Leuten anzuhören und zu überdenken.

Daran scheitert die absolute Gleichberechtigung immer, weil sie nicht mit den Menschen hoch skalieren kann. Jede Entscheidung ist langsam mit so einer Machtverteilung. Auch die absolute Diktatur ist nicht wirklich effektiv weil jede Entscheidung zwar sehr schnell getroffen werden kann aber nicht die beste für die Gemeinschaft sein muss und eventuell sogar schädlich für die Gruppe sein kann was bedeutet dass die Gruppe an Macht verliert. Am effektivsten für die Entscheidungen der Gruppe ist immer ein ausgewogener Mittelweg, wo Sophie z.B. frei selber entscheiden kann was sie auf ihrem Feld anbaut genauso wie der Jäger frei entscheiden sollte welches Wild er jagen geht. Nur so kann Sophie als auch der Jäger ihre jeweils optimalen Potentiale aus sich selber heraus hohlen und die Gruppe somit am besten unterstützen.



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Letztes Update: 03.Oct.2024