Paradoxon


Hier liste ich einige kleinere Paradoxons auf, die zwar ersteinmal unlogisch klingen, aber auch wieder aufgelöst werden können.

Handelsparadoxon

In exakten Systemen ist die vorhandene Macht auch exakt definiert. Wenn Macht aber analog zur Energieerhaltung nicht erstellt oder vernichtet werden kann, woher kommt dann der Machtunterschied beim Handeln von Waren? Beide Handelspartner haben dem Handel ja nur zugestimmt, weil sie eine gleichwertige Machtform austauschen, aber der Verkäufer bewertet sein Handelsgut geringer und ein Käufer höher, denn nur aus diesem Bewertungsunterschied gewinnen beide Handelspartner Macht durch den Austausch. Gäbe es diesen Unterschied in der Bewertung nicht, dann würde es sehr viel seltener zu einem fairen Machtaustausch kommen können. Einfach weil der Machtaustausch als Aktion oder Fähigkeit in der Realwelt selber auch immer Macht kostet, die man nicht ausgeben muss wenn man durch den Handel keine Vorteile bekommt.

Auf dem ersten Blick sieht es also Paradox aus, dass ein Handel immer nur dann stattfinden kann, wenn es ein Machtunterschied gibt aber der ausgetauschte Machtwert immer gleichwertig sein soll, es also keinen Machtunterschied nach dem Handel geben soll.

Einerseits könnte man sagen, dass der Machtunterschied der betrachteten Handelswaren ja nur subjektiv bestimmt wird während objektiv der Handelswert gleichwertig ist. Aber diese Erklärung ist nicht ganz schlüssig. Denn auch die subjektive Bewertung hat seine individuellen Gründe für jeden Akteur und somit eine stimmige Machtbewertung auch wenn diese für den analysierenden Akteur nicht bekannt ist.

Eine bessere Erklärung ist, dass wir aufpassen müssen, in welchem Modell oder System wir diese Machtbilanzen aufstellen. In diesem Fall haben wir genau 3 Akteure in einem gemeinsamen System, den Markt, der Verkäufer und den Käufer. Die Macht des Marktes beinhaltet also makroskopischer Akteur die mikroskopischen Akteure Verkäufer und Käufer oder anders gesagt Käufer und Verkäufer sind ein Teil des Marktes.

  • Für die Machtbilanz des Marktes ändert sich also nichts, wenn Macht vom Verkäufer zum Käufer oder andersherum übergeht. Die Macht des Marktes bleibt bei dieser Interaktion des Handels also immer gleich, nur die Verteilung der Macht innerhalb des Marktes kann sich durch den Handel verschieben.
  • Der Käufer verliert G Macht in Form von Geld aber bekommt K Macht in Form des Handelsgutes.
  • Der Verkäufer verliert K Macht in Form des Handelsgutes aber bekommt G Macht in Form von Geld.

Jetzt hängt es davon ab, ob G großer oder kleiner als K ist, denn dann verliert oder gewinnt einer von beiden insgesamt Macht durch diesen Handel was nicht in dem Sinne desjenigen ist der Macht verliert. Deswegen ist bei einem fairen Handel immer G = K. Bei einem fairen Handel verliert also per Definition keiner der Handelspartner an Macht. Wo ist also der Machtunterschied, aus dem beide Handelspartner ihren Vorteil ziehen?

Direkt zum Handelszeitpunkt ändert sich also bei einem fairem Tausch nicht die Machtrelation bezüglich der Gesamtmacht zwischen den Handelspartnern. Aber die Art der Macht oder die Machtformen ändern sich speziell für den Käufer. Für den Verkäufer ändert sich erst einmal nicht viel. Da er die Machtform seiner Ware verkauft kann man davon ausgehen, dass er verhältnismäßig viel von dieser Machtform besitzt und es sich deswegen leisten kann diese Machtform abzugeben wobei dieser Prozess mit einer anderen Machtform, das universell anwendbare Geld, vergütet wird. Und weil der Käufer diese Machtform kauft kann man davon ausgehen, dass er einen Bedarf an dieser Machtform hat oder seine Speicher für diese Machtform auffüllen will.

Das bedeutet, dass der Käufer in Zukunft durch diesen Handel mehr Macht aus seiner Umgebung einsammeln kann weil er für das Einsammeln der Macht aus der Umgebung mehr Machtreserven hat als wenn er die Waren nicht vom Verkäufer kaufen würde. Die Macht des Käufers steigt durch den Handel ersteinmal nicht wirklich an, aber er gewinnt durch den Handel an Fähigkeiten, die er potentiell in der Zukunft für sich nutzen kann, wenn er den Bedarf danach hat. Damit kann er durch diesen Machtkanal, den er vom Händler bekommen hat, Machtkämpfe gegen seine Umgebung wahrscheinlicher gewinnen und kann dadurch seine Macht potentiell besser steigern. Darin liegt der Gewinn bei dem Handel für den Käufer, aber was der Gewinn genau ist kann zum Handelszeitpunkt noch nicht genau gesagt werden. Erst nach dem Handel, wenn die durch den Handel erhaltene Machtform oder Fähigkeit wirklich in einem Machtkampf verwendet wird entscheidet sich, ob der Handel gewinnbringend war oder nicht. Die Handelspartner wägen den möglichen Machtgewinn in Zukunft aber auch schon zum Handelszeitpunkt ab, denn sie müssen als Lebewesen immer darauf achten, wie sie mit ihren Machtformen umgehen und welche Machtformen ihnen nie ausgehen dürfen um zu überleben.

Der Machtgewinn aus dem Handel wird also nicht direkt aus dem Handel selber gezogen, aber durch den Handel verändern sich die Machtformen der Handelspartner die dadurch in Zukunft besser auf ihre Umwelt reagieren können weil sie die Ungleichgewichte ihrer jeweiligen Machtformen miteinander ausgleichen. Der Verkäufer hat zu viel der einen Machtform während der Käufer zu wenig davon hat, gleichzeitig gibt der Käufer eine andere Machtform ab, von der er es sich leisten kann diese abzugeben und der Verkäufer nimmt diese Machtform ein. Die Gesamtsumme an Macht ändert sich bei einem fairem Tausch nicht, aber die knapp werdenden Machtformen werden zulasten der vorhandenen Machtformen aufgefüllt was der Gewinn der Akteure ist.

Aus diesen Effekten wird auch die Emergenz von neuen Eigenschaften zwischen mikroskopischer Abstraktionsebenen zu den Makroskopischen Abstraktionsebenen hergeleitet. Denn Akteure, die sich zu Gruppen zusammenschließen besitzen zusammen mächtigere Fähigkeiten, als wenn sie alleine in ihrer Umwelt agieren müssten. Heruntergebrochen auf einen einzelnen Machtaustausch bedeutet Emergenz, dass dieser Machtaustausch das Potential erhöht, das beide an dem Machtaustausch beteiligten Akteure in Zukunft mehr Macht aus ihrer Umwelt beziehen können. Emergenz beschreibt also die potentielle Macht oder physikalische das potentielle Potential Arbeit zu verrichten.

Handel von Wissen

ein ähnliches Paradoxon ist der Handel von Wissen. Es geht also um alle abstrakten Akteure wie Zahlen, Ebenen, Geister, Informationen oder Modelle. Das Problem für diese Akteure als Handelsgut ist, dass dieses Handelsgut anders als physische Waren oder Dienstleistungen nicht einfach den Besitzer wechselt sondern sich durch den Handel vervielfältigt. Jeder Verkäufer des Wissens, oder in diesem Fall besser als Lehrer oder Professor benannt, behält also auch nach dem Handel das Wissen aber der Käufer oder Schüler bekommt auch Wissen dazu. Beide Handelspartner haben nach dem Handel das gleiche Wissen, aber hat sich durch die Vervielfältigung des Wissens nicht die Gesamtmacht erhöht?

Absolut gesehen hat jede Information seinen Wert und somit einen Machtwert. Aber auch hier muss man schauen, welches System wir betrachten. Auf der Ebene der einzelnen Individuen ist Wissen oder Information potentielle Macht weil das Individuum als Akteur in der Zukunft dieses Wissen benutzen kann um in beliebigen Machtkämpfen besser da stehen zu können.

Auch hier liegt die Lösung des Paradoxons in den betrachteten Modellsystemen. Wie beim Beispiel des Marktes haben wir hier eine Gruppe von Akteuren, wobei sowohl der Wissenssender als auch der Wissensempfänger ein Teil dieser Gruppe sind. Im Extremfall besteht die makroskopische Gruppe nur aus diesen beiden Akteuren aber es können auch beliebige andere Akteure in der Gruppe sein. Das Austauschen des Wissens ist wieder wie im Handelsparadoxon nur ein einfacher Handel und die Macht der Gruppe ändert sich durch diesen Handel nicht aber die Machtpositionen zwischen den Gruppenmitgliedern können sich ändern.

Auch wenn der Handel mit immateriellen Gütern auf dem ersten Blick nicht wie ein Handel aussieht kann dadurch trotzdem ein Machtaustausch realisiert werden. Denn der Lehrer verliert die Möglichkeit dem Schüler etwas beizubringen, wenn der Schüler das Wissen bereits hat. Andererseits kann der Schüler auch eigene Macht abgeben um das Wissen des Lehrers zu bekommen. Die Gesamtmacht von Schüler und Lehrer zusammen ändert sich also bei einem Austausch des Wissens nicht auch wenn die Machtverteilung zwischen diesen beiden Personen sich ändern kann. Das kann man sich so erklären, dass das Wissen der Gruppe ja bekannt ist. Die Gruppe hat aber ersteinmal nichts davon, wenn das Wissen jetzt zwei mal vorhanden ist. Erst wenn nicht nur der Lehrer sondern auch der Schüler das Wissen gegen seine Umwelt anwenden kann und somit mehr Macht aus der Umwelt für die Gruppe verfügbar ist, dann erhöht sich auch die Macht der Gruppe im Gegenzug dazu wenn nur der Lehrer die Macht aus der Umgebung einsammeln konnte.

Auf der Ebene der handelnden Akteure könnte man sagen, dass ein Gruppenmitglied mächtiger wird, wenn er Wissen von anderen Gruppenmitgliedern erhält. In der Gruppe hat sich durch diese Interaktion aber an der Gesamtmacht nichts verändert weil die Gruppe durch den Austausch nicht mit der Umwelt interagiert hat. Das Wissen ist also immernoch in der Gruppe, nur etwas verbreiteter. Das bedeutet, dass es zwar einen Machtaustausch innerhalb der Gruppe gegeben hat, aber das ändert nichts an der Gesamtmacht innerhalb der Gruppe. Der Lehrer hat durch diesen Austausch von Wissen die Macht verloren, die der Schüler bekommen hat denn der Lehrer kann nun weniger Wissen vermitteln und dafür Gegenleistungen verlangen, wobei es auch negative Macht von Wissen gibt wie z.B. bei Falschinformationen oder Lügen.

Das bedeutet, dass es bei dem Austausch von Wissen zwei Fälle gibt: das Weitergeben der Information hat dem Sender entweder mehr Macht eingebracht oder Macht gekostet. Genauso kann der Empfänger durch diese Information mehr Macht vom Sender erhalten haben aber auch Macht abgegeben haben. Nehmen wir einmal konkret an, die Information war ein Geheimnis, z.B. dass es ein versteckten Beerenstrauch gibt, von dem nur einzelne Menschen aus der Gruppe etwas wissen. Diese einzelnen Menschen profitieren natürlich davon, dass das Wissen geheim bleibt, damit sie auch selber genug von der zusätzlichen Nahrung profitieren können oder das Wissen um diese Nahrung für andere Vorteile in der Gruppe "verkaufen" können. Sobald das Wissen über diesen geheimen Beerenstrauch sich aber in der Gruppe verbreitet, dann profitieren auch Andere von dem Wissen und der erste Geheimniskrämer verliert somit Macht. Macht, die der erste Akteur auch hätte einsetzen können um eine Gegenleistung für das Verraten des Standortes der Beeren zu bekommen. Aber dieser Machtaustausch findet sofort statt beim Übertragen der Informationen und ist somit keine Interaktion mit der Umwelt. Die Interaktion mit der Umwelt passiert erst, wenn irgendein Mensch der Gruppe zum Beerenstrauch geht um ihn abzuernten. Nur durch diese externe Interaktion kann die Gruppe ihre Macht erhöhen oder verringern, aber nicht durch das Austauschen von Informationen. Die einzelnen Menschen verringern und erhöhen durch diesen Wissensaustausch aber sehr wohl ihre Macht innerhalb der Gruppe.

Genauso ist die Machtbilanz nicht verletzt, wenn man anderes Wissen Teilt wie z.B. eine gute Jagttechnik, eine Geschichte oder sonstige Informationen. Die Macht der Gruppe wird erst erhöht, wenn dieses Wissen zum Einsatz kommt und wirklich die Gruppe stärkt im Gegensatz dazu, wenn der Mensch dieses Wissen nicht hätte.

Durch das neue Wissen erhöht sich umgangssprachlich das Machtpotential, also die Möglichkeit um an Macht zu gelangen. Aber die Realisierung der Macht ändert sich dadurch ersteinmal nicht. Macht ist schon analog zur physikalischen Energie die potentielle Möglichkeit, Effekte oder Interaktionen in der Umwelt auszuführen. Potentielle Macht ist also die Möglichkeit, Macht einzusammeln oder die Möglichkeit, an die Möglichkeit zu kommen in der Umwelt interagieren zu können.



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Letztes Update: 03.Oct.2024