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Bei jeder Handlung, die Sophie ausführt gewinnt oder verliert Sophie also immer etwas an Macht. Macht ist quasi die Energie all ihrer Handlungen. Wenn Sophie also ihre Macht für ihre Freunde ausgibt, dann kommt es darauf an, dass sie ungefähr so viel Macht von ihren Freunden wieder zurück bekommt wie sie selber für ihre Freunde ausgibt. Ansonsten ist die Beziehung von Sophie zu ihren Freunden unausgewogen und sie wird entweder durch ihre so genannten Freunde ausgenutzt wenn sie mehr Macht abgibt als sie bekommt oder sie nutzt ihre Freunde selber aus wenn sie mehr Macht erhält. Eine wirkliche Freundschaft kann nur entstehen, wenn sich beide Freunde auch einig sind, dass ihre Beziehung zueinander fair gestaltet ist und somit der Machtaustausch immer einigermaßen ausgeglichen ist. In der Gemeinschaft von Freunden, in der Sophie lebt, gibt es mehrere Menschen die alle ihre eigenen Wünsche, Bedürfnisse und Ziele haben. Sophie möchte z.B. ein eigenes Haus bauen und eine Familie gründen. Sie ist geschickt im Umgang mit Pflanzen und Tieren und kann gut kochen. Claudia möchte viel über die Welt erforschen und ist gut im Umgang mit Werkzeugen und erstaunlich gut im zusammanbauen von Möbeln oder Wagen. Drako ist ein Draufgänger aber dafür stark genug um schwere Gegenstände wie Feuerholz oder Baumaterial zu besorgen. Und es gibt noch einige weitere Mitbewohner in der Gemeinschaft, die sich alle auf unterschiedliche Arbeiten spezialisiert haben. Die Gruppe der Freunde hat sich ein kleines Tal zwischen den Bergen ausgesucht um mehr oder weniger abgeschottet von der Außenwelt ein einfaches aber glückliches Leben zusammen führen zu können. Aber egal wie diese Gruppe ihr Leben führt, ob sie sich immer Zanken oder harmonievoll miteinander leben können, für alle Menschen dieser Gemeinschaft gilt das gleiche Prinzip: jeder von ihnen muss wenigstens gleich viel Macht für sein überleben einsammeln als er ausgibt. Kurzzeitig kann jeder von dieser Regel natürlich abweichen und von seinen eigenen Machtreserven zehren aber Langfristig führt ein Unterversorgung von Macht immer zum Tod. Wo kommt diese Macht eigentlich her, die diese abgeschottete Gruppe für ihr überleben benötigt? Generell aus der Umgebung, die diese Macht dadurch verliert. Denn das Machtargument gilt für jedes andere Objekt oder Lebewesen genauso. Wenn Sophie also Pflanzen anbaut und pflegt, dann gewinnt diese Pflanze Macht durch Sophie aber auch durch die Sonneneinstrahlung, das Wasser was sie aus dem Boden aufnimmt und die Nährstoffe aus der Luft und dem Boden. Die Pflanze gedeiht und wächst indem sie immer mehr Macht ansammelt. Irgendwann hat Sophie aber Hunger und nimmt sich dann die Macht der Pflanze indem Sophie Teile der pflanze wie Wurzeln, Blätter oder Samen aufisst. Das Schwächt die Pflanze natürlich wieder weil die Pflanze an Macht verliert, aber wenn Sophie aufpasst dass die Pflanze dadurch nicht abstirbt oder Sophie noch genug Samen übrig hat um neue Pflanzen züchten zu können, solange kann Sophie mit den Pflanzen in einem Machtgleichgewicht leben. Die Macht kommt von der Sonne und der Umgebung und wird von der Pflanze gespeichert sodass Sophie sich ernähren kann. Diese Macht wird der Umgebung entzogen und durch Regenfälle, einem Fluss oder Wind wieder erneuert. Trotzdem muss Sophie aufpassen, dass sie der Umgebung mit ihrem Anbau nicht so viel Macht entzieht wie die Umgebung wieder durch andere Quellen regenerieren kann. Je nachdem wie ertragreich das Anbauen der Pflanzen für Sophie ist, hat sie genug Nährstoffüberschuss um auch die Anderen ihrer Gemeinschaft mit Essen versorgen zu können. Sophie nimmt sich die Macht der Pflanzen und teilt diese Macht mit ihren Freunden. Ihre Freunde müssen sich jetzt nicht mehr selber darum kümmern an Nahrung zu kommen und können sich auf andere Dinge spezialisieren wie das Häuser bauen oder Werkzeuge und Kleidung herstellen. Und so entsteht eine kleine Dorfgemeinde. Jeder kennt sich untereinander und weiß was der jeweilig andere für die Gemeinschaft beigetragen hat. Auch Sophie setzt sich gemeinsam mit den Anderen abends um ein Lagerfeuer und erzählt wie ihr Tag auf dem Feld war und hört sich die Geschichten und Resultate der Anderen an. Jeder erzählt wie sein Fortschritt ist und was er plant als nächstes tun zu wollen. Dabei kann man die Hilfe der Anderen erfragen. Z.B. wenn Sophie einen großen Stein auf dem Feld liegen hat, der bei der Bearbeitung stört, dann kann sie mit den Anderen gemeinsam am nächsten Tag diesen Stein wegräumen. Dafür geht sie an einem anderen Tag mal nicht auf das Feld sondern hilft z.B. einen schweren Balken auf ein Haus zu bekommen. Bei all diesen Geschichten bewerten sich die Freunde aber auch immer während. Sophie kann die Arbeiten und den Fortschritt jeden Tag mitverfolgen und Erfolge oder Misserfolge beobachten. Genauso hört sich aber auch jeder andere die Geschichten von Sophie an und urteilt über sie. Wenn Sophie mit wenig Ertrag vom Feld kommt, dann sind die Anderen natürlich nicht erfreut weil sie sich dann selber auch um Nahrung kümmern müssen wie z.B. Fische fangen, Jagen gehen oder Beeren sammeln müssen und diese Zeit nicht für ihre eigenen Projekte einsetzen können wie Häuser bauen oder Teppiche weben. In diesem Fall senkt sich das Ansehen von Sophie in der Gruppe ab weil Sophie nicht die Erwartungen der Anderen erfüllen konnte. Kommt Sophie aber jeden Tag z.B. mit großen Kürbissen vom Feld und kann daraus ein leckeres Abendessen zaubern, dann steigt auch das Ansehen von Sophie in der Gruppe. Das Gleiche gilt aber auch für jeden Anderen der Gemeinschaft. Jeder wird hinsichtlich seinen erbrachten Leistungen bewertet und somit ist es nicht möglich dass z.B. Drako immer nur Faul den Tag verschläft aber abends von seinen Tagesleistungen prahlt. Das mag ein zwei Tage am Lagerfeuer gut gehen, aber irgendwann erkennen die Anderen dass es trotz seiner Reden keinen Fortschritt in seiner Arbeit gibt. Denn dann gilt wieder das ökonomische Prinzip: Während Drako sich von der Macht der Gemeinschaft ein entspanntes Leben gönnt, kostet er der Gemeinschaft aber Macht. Macht die er nicht wieder zurück gibt sondern für sich behält. In der kleinen Gemeinschaft von Sophie fällt dieses verhalten schnell auf und Drako muss sich zusammen reißen oder kann aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden und die Freundschaft zu ihm aufgekündigt werden. Schon rein physikalisch ist es einleuchtend, dass nicht jeder der Gemeinschaft mehr Macht aus der Gruppe entnehmen kann als er in die Gruppe hineinsteckt. Denn in so einem Fall würde die Gruppe ständig an Macht verlieren und sich irgendwann auflösen müssen. Für Drako alleine wäre es aber möglich wenn die Macht, die er aus der Gruppe nimmt von den Anderen immer wieder aufgefüllt wird. Das Gleiche gilt aber für jeden Teilnehmer der Gemeinschaft. Gibt Sophie also mehr Macht in die Gruppe, als sie wieder aus der Gruppe herausholen kann, dann verliert Sophie langfristig an Macht während die Gruppe um diese Macht stärker wird. Ist es jedoch anders herum, also gibt Sophie weniger Macht in Form von Arbeit, Werkzeugen oder sonstiges in die Gruppe, dann profitiert Sophie direkt von der Gruppe ihrer Freunde. Diese Macht kann Sophie für sich selber einsetzen um z.B. ihr Haus bauen lassen zu können oder eben durch soziale Arbeit diese Macht den anderen Menschen zur Verfügung zu stellen die die Macht vielleicht nötiger benötigen als Sophie. Beispielsweise wenn einer der Freunde krank wird und somit klar ist dass er gerade nicht Arbeiten kann. Gleichzeitig kann Sophie sich aber auch spezialisieren und als Bäuerin deutlich mehr Macht der Gruppe zur Verfügung stellen als wenn sie von der Gruppe dazu genötigt wird eine Arbeit auszuführen, die sie nicht mag wie z.B. das Fischen. Beim Fischen würde Sophie also wahrscheinlich deutlich weniger Macht einnehmen können als wenn sie das macht was sie kann und was ihr Spaß macht. Aber auch Erfahrung spielt eine Rolle. Wenn Sophie einen Pullover stricken will, dann ist sie schneller Fertig wenn sie täglich 2 Stunden an diesem Projekt arbeitet als wenn sie nur zweimal pro Woche zu stricken anfängt weil sie ansonsten auf dem Feld unterwegs sein muss. Wenn sie das Stricken immer wieder unterbrechen muss, dann kann sie z.B. Zeit verlieren um die Fäden zu Ordnen. Sollte sie also immer wieder in ihrer Arbeit unterbrochen werden ist sie mit gleichem Zeit und Kraftaufwand schlechter als jemand, der seine Volle Zeit in diese Aufgabe konzentrieren kann. Mit diesem Prinzip der Macht bildet sich somit innerhalb von menschlichen Gruppen wie Familien, Freunde, Vereine, Religionsgemeinschaften, Firmen oder Staaten immer ein Machtverhältnis zwischen den Menschen aus. Einfach weil die Menschen miteinander interagieren und dabei immer ein wenig Macht untereinander austauschen. Auch wenn die Menschen darauf bedacht sind ihre Handlungen einigermaßen fair zu gestalten, gibt es immer wenigstens kleine Unterschiede in den Handlungen die sich über die Zeit zu großen Unterschieden in der Macht zusammensammeln können. Aber genauso zufällige Ereignisse können die Machtposition einzelner Menschen zufällig erhöhen oder absenken wie z.B. eine Dürre, eine spontane Idee oder ein Wolfsangriff. Wenn Sophie sehr fleißig ist und immer mehr in die Gruppe einbringt als sie aus der Gruppe herrausnimmt, dann steigt auch ihr Ansehen in der Gruppe weiter an. Sie verliert zwar die Macht der Arbeit, die sie in die Gruppe steckt, aber sie gewinnt Macht mit ihrem Ansehen in der Gruppe. Sie gewinnt das Potential, irgendwann einmal wieder Macht aus der Gruppe entnehmen zu können. Es bildet sich also immer ein Machtverhältnis zwischen Sophie und allen Mitgliedern ihres Freundeskreises aus, das davon abhängt wie die Freunde miteinander umgehen und wie sie miteinander Reden oder sich Gegenüber verhalten. Und jede Interaktion zwischen ihnen verschiebt dieses Machtverhältnis immer wieder wenigstens ein Stückchen. Solange Sophie all ihre Freunde auch persönlich kennt, solange kann sie sich auch die Beziehung zwischen ihnen merken und daraus die Machtverhältnisse abschätzen. Sophie weiß dann, wer wie viel Arbeit oder (Macht)Werte für das Zusammenleben beigesteuert hat, wer mehr für die Gruppe da ist oder wer ehr faul von den Anstrengungen der Anderen profitiert und wer sich ein wenig Faulenzen erlauben darf weil er früher schon gute Arbeit abgeliefert hat. Nur wenn die kleine Gruppe von Freunden sich hochgradig sozial verhält, dann können auch die anderen Gruppenmitglieder durch die Zusammenarbeit profitieren. Umso größer die Gruppe von Freunden aber wird, desto weniger Zeit hat Sophie sich die Geschichten und Arbeiten aller Anderen anzuhören und zu bewerten. Aber nur wenn sie weiß was die Anderen an Arbeiten getan haben kann sie abschätzen, ob der andere auch wirklich seine Arbeit getan hat oder nur faule Geschichten erzählt. Um die Anderen richtig einschätzen zu können muss Sophie die Anderen also gut kennen. Wenn Sophie die Anderen nicht gut genug kennt, dann kann sie nur darauf vertrauen dass die Anderen etwas der Gruppe beigesteuert haben. In kleinen Gruppen wie dem Freundeskreis von Sophie fällt es relativ schnell auf wenn eine Arbeit nicht erledigt wurde, aber in größeren Gruppen wie einer Dorfgemeinschaft ist das nicht mehr so einfach gegeben. Wenn Sophie als eine Arbeiterin von 100 Anderen auf das Feld geht und Getreide erntet, dann kann sie auch den ganzen Tag lang im Kornfeld liegen und sich ausruhen während die Anderen 99 die Ernte einfahren. Zuhause in der Scheune fällt es dann kaum auf ob es jetzt nur 99 Wagen Getreide geworden sind obwohl es 100 Getreidewagen hätten werden können wenn Sophie mitgearbeitet hätte. Natürlich muss es nicht gleich ein Extrembeispiel sein dass Sophie garnicht gearbeitet hat. Es reicht völlig aus, wenn Sophie nur mit halber Kraft arbeiten würde und damit für sich selber Energie und Machtausgaben einsparen würde. Das fällt unter 100 Bauern einfach deutlich weniger auf als wenn sie alleine oder zu Zweit für ihre Freunde die Arbeit machen müsste. Das liegt daran, dass die Arbeit auf dem Feld eine gewisse Macht kostet, egal wer diese Macht für die Arbeit ausgibt. Wenn Sophie alleine oder zu Zweit diese Machtkosten tragen muss bringt es ihr nichts zu faulenzen weil sie diese Arbeit dann einfach nur später erledigen muss, aber getan werden muss diese Arbeit trotzdem noch. Der Unterschied zu einer großen Gruppe ist nun, dass in einer großen Gruppe die Arbeit dann eben von irgend einem Anderen erledigt wird während Sophie bequem daneben liegt. Es ist jetzt keine Frage mehr dass sie etwas tun muss sondern wie sie selber ihre Machtkosten für diese Aufgabe einsetzen will. Generell kann man also sagen, dass Sophie in einer kleinen Gruppe mehr davon profitiert, wenn sie diese kleine Gruppe mit ihrer eigenen Macht stärkt. Umso größer die Gruppe aber ist, desto sinnvoller ist es mehr Macht aus der Gruppe heraus zu nehmen als in die Gruppe hineinzustecken. Denn in größeren Gruppen wird es immer Menschen geben, die sich selber mehr Bevorteilen und somit zulasten der großen Gruppe gehen. In großen Gruppen fällt es einfach weniger auf wenn man auf irgendeiner Art und Weise weniger Macht beisteuert als man von der Gruppe wieder bekommt. Und weil das nicht einfach auffällt, sinkt das Ansehen dieser Personen nicht ausgleichend genug ab um den Machtverlust durch diese Person aus der Gruppe zu kompensieren. Wenn Sophie also immer mehr Menschen in ihrer Freundesgemeinschaft versammelt, sodass sie schon ihr eigenes Dorf gründen könnte, dann fällt es ihr mit zunehmender Teilnehmeranzahl schwerer den Überblick über alle ihre Freunde zu behalten. Ein Überblick ist aber wichtig um alle Anderen individuell bewerten zu können. Hat Sophie diesen Überblick nicht, so kann sie nur auf Vorurteile zurückgreifen wie Drako ist generell Faul und wird somit auch als faul beschuldigt wenn er doch einmal gut gearbeitet hat. Oder weil Sophie einen fleißigen Ruf hat kann sie sich auch einmal einen Tag auf dem Feld frei nehmen ohne dass es den Anderen wirklich auffällt. Aber nicht nur Sophie, alle Anderen der Gemeinschaft müssen genauso den Überblick behalten und sich gegenseitig kennen um sich auch richtig bewerten zu können. Ab einer Menschenanzahl von ungefähr 150 Leuten ist es generell nicht mehr möglich, dass alle Gruppenmitglieder genug Zeit haben sich alle Geschichten ihrer Gruppenmitglieder anzuhören und sich gut genug zu kennen um sich gegenseitig einschätzen zu können. Für einzelne Menschen mag dies vielleicht noch funktionieren, aber nicht Jeder der Gruppe kann dass dann vollbringen. Und diejenigen, die den Überblick verlieren müssen dann den Anderen vertrauen, dass sie sich für die Gemeinschaft einsetzen. Vertrauen dass immer einfacher ausgenutzt werden kann umso mehr Menschen der Gruppe beitreten. Umso größer die Gemeinschaft von Sophie also wird, desto weniger genau kann Sophie alle anderen Menschen der Gruppe kennen. Die Gruppenteilnehmer werden sich gegenseitig immer fremder. Das hat aber weitreichende Auswirkungen auf die Gemeinschaft. Es bilden sich einerseits Untergruppen, die sich innerhalb der Gesellschaft genauso wie Menschen behaupten müssen. Andererseits sinkt das Vertrauen in die anderen fremden Menschen. Die Menschen werden zunehmend Konkurrenten untereinander in der Gruppe. Während Sophie in der kleinen Gruppe sich auf all ihre Freunde verlassen konnte kann sie das in der großen Gemeinschaft nicht mehr. Einfach weil sie nicht mehr alle Menschen der großen Gemeinschaft kennt. Sophie kann also nicht mehr in ihrem großen Dorf abschätzen, wie der andere Unbekannte auf sie reagiert weil sie ihn nicht kennt und somit nicht genau weiß ob es ihm gut geht oder ob ihm in der Vergangenheit irgendwelche schlimmen Dinge widerfahren sind, die ihn jetzt zu unerwarteten Verhalten verleiten würden. Der Andere Mensch ist ihr jetzt so unbekannt, dass er jederzeit auch eine Gefahr für Sophie darstellen könnte, dass er sie ausrauben könnte oder sonstige Dinge anstellt die Sophie nicht mag. Gerade weil Sophie nicht mehr jedem im Dorf vertrauen kann fängt sie an sich gegen Vertrauensbrüche zu schützen. Anstatt ihre Feldfrüchte jetzt frei im Dorf zu verteilen sodass jeder sich problemlos ernähren kann aber ihr dafür auch bei jeglichen Problemen geholfen wird fängt Sophie an zu selektieren. Nur noch ihre engsten Freunde um sie herum bekommen diese Nahrung kostenlos. Denn diese neue Gruppe ihrer Freunde in der Gemeinschaft kann sie immer noch vollständig vertrauen. Alle Anderen kennt Sophie aber nicht wirklich und deswegen müssen sie jetzt ersteinmal Beweisen dass sie etwas für die Gemeinschaft getan haben bevor sie von der Arbeit von Sophie profitieren dürfen. Ein Beweis für den positiven Effekt für die Gemeinschaft ist eine Gegenarbeit anzubieten. Der Unbekannte kann z.B. einen Fisch gefangen haben und ihn im Austausch für Sophies Blumenkohl anbieten. Mit so einem Handel muss Sophie die Geschichte des Unbekannten nicht mehr wissen. Es kann Sophie egal sein wie schwer es war den Fisch zu bekommen oder ob der unbekannte eine schlechte Kindheit hatte. Sie kann jetzt rein objektiv ihre Arbeit gegen die Arbeit des Fischers eintauschen. Und wenn ihr der Fisch gefällt kann sie problemlos ein zwei Kohlköpfe dafür hergeben. Kohlköpfe, die sie sonst sowieso nur unter ihren Freunden aufteilen würde. So entwickelte sich der Tauschhandel in der kleinen Welt. Der Tauschhandel ersetzte das Vertrauen in der kleinen Gemeinschaft durch beweisbare Arbeiten in der großen Gemeinschaft. Wer jetzt in der großen Gemeinschaft nur faul herum gesessen hatte der hatte einfach weniger eigene Tauschmittel zur Verfügung um sich andere benötigte Dinge eintauschen zu können. Das ist auch ersteinmal nicht schlimm, denn wer genügsam war, der konnte es sich leisten weniger zu Arbeiten während die Arbeitssamen mit mehr Tauschmittel belohnt wurden. Die fleißigen Arbeiter konnten somit in Sophies Dorf über die Zeit sich mehr Macht in Form von Tauschmittel aneignen als die weniger fleißigen. Aber trotzdem hatte jeder den Anreiz etwas für das Dorf beizusteuern weil er sonst nicht von den Tauschmitteln der Anderen profitieren konnte. Ein Holzfäller hatte zwar sehr viel Holz, benötigte aber auch Nahrung, Kleidung und Werkzeuge. Ein Bauer hatte zwar sehr viel Nahrung, benötigte aber auch Werkzeuge und Kleidung usw. Während es in der kleinen Freundesgemeinschaft funktioniert hat, dass alle ihre Besitztümer einfach zusammen gelegt haben und Jeder sich von diesem Haufen nur das genommen hat, was er selber auch wirklich braucht, so funktioniert dieses Prinzip in einer größer werdenden Gesellschaft nicht mehr weil es in größeren Gesellschaften mehr Anreize gibt die Anderen zu betrügen. Deswegen hat sich aus dem Zusammenschluss der Gemeinschaft wieder die Machtform des individuellen Besitzes gebildet und durch den Tauschhandel dieser Besitztümer die Anreize gesetzt die Gemeinschaft weiter zu stärken als es bis zu der 150 Dorfmitgliedergrenze mit Vertrauen der Fall gewesen sein hätte können. Aber auch dieser Tauschhandel wird mit zunehmender Größe des Dorfes unpraktisch. Sophie muss in dieser großen Gesellschaft immer überlegen, wie viele Kohlköpfe sie gegen die anderen Waren eintauschen kann? Wenn sie zu wenig Kohlköpfe hergibt, dann sind die Anderen früher oder später sauer weil sie nicht fair für ihre Arbeit bezahlt werden. Wenn sie aber zu viel ihrer Kohlköpfe hergibt, dann bleibt ihr eventuell nicht mehr genug für sich selbst oder ihre Freunde und außerdem kann sie dann später auch wieder weniger eintauschen. Und diese Überlegung muss sie einzelnd für jede andere Ware machen, für Feuerholz, für ihre Werkzeuge, für ihre Kleidung, für ihr Haus usw. Jedes mal muss sie überlegen, wie viele Kohlköpfe ihr das Haus wert ist, wie viele Kohlköpfe kann sie für Kleidung ausgeben usw. Sophie kann den Wert ihrer Kohlköpfe zwar vielleicht genau einschätzen, aber der Holzfäller, der sich den ganzen Tag lang nur mit Holz beschäftigt weiß nicht unbedingt den Wert der einzelnen unterschiedlichen Kohlsorten wie Blumenkohl, Weißkohl oder Rosenkohl und kann somit nicht unbedingt einen fairen Gegenwert abschätzen. Genauso kennt sich Sophie nicht genau mit Holz aus und weiß nicht unbedingt, ob jetzt Birkenholz, Fichte oder Eiche besser als Feuerholz geeignet ist oder lieber zu einem Tisch verarbeitet werden sollte. Sehr viel einfacher ist es deswegen, wenn sich die Gemeinschaft auf eine einzige Ware einigt, die sie als Geld akzeptiert. Das können z.B. Muschelschalen, Perlen, farbige Steine oder Pflanzensamen sein. Sophie kann dann ihren Kohl für z.B. 5 Muscheln anbieten und sowohl Sophie als auch der Holzfäller haben sofort einen Warenkatalog im Kopf, was sie sich mit 5 Muscheln selber kaufen könnten. Für 5 Muscheln könnte man sich im Dorf vielleicht auch entweder 3 Äpfel, einen Fisch, oder ein zehntel Huhn kaufen, was nicht bedeutet dass man ein zerstückeltes Huhn bekommt sondern Zehnmal so viele Muscheln hergeben muss um ein ganzes Huhn bekommen zu können. Wenn Sophie also das Angebot macht einen Kohl für Feuerholz zu tauschen weiß der Holzfäller sofort was er für die 5 Muscheln sich kaufen könnte und kann eine entsprechende Feuerholzmenge dafür hergeben. Das interessante ist aber nun, dass durch das Geld der Kohl nicht unbedingt an den Holzfäller gehen muss sondern dass Sophie an einen beliebigen anderen Menschen den Kohl für die Muscheln verkaufen kann und dann mit den Muscheln das Feuerholz beim Holzfäller kaufen kann. Sophie muss nun nicht mehr darauf warten dass der Holzfäller hunger auf Kohl bekommt um an Feuerholz kommen zu können. Es reicht wenn irgendein anderer Dorfbewohner bereit ist ihr Muscheln für den Kohl zu geben und mit diesem universellem Geld kann Sophie dann später ihr Feuerholz kaufen. Sophie kann jetzt auch die Muscheln sparen und sich das Feuerholz dann hohlen, wenn sie es wirklich braucht. Aber sie kann das Geld auch für andere Dinge ausgeben wie Kleidung oder ein schöneres Haus. Das Geld als Tauschmittel erlaubt es jetzt Sophie mit anderen Menschen friedlich und fair leben und Handeln zu können ohne den Anderen Vertrauen zu müssen dass ihre Arbeit ausgenutzt wird. Denn für ihre Arbeit bekommt Sophie jetzt immer auch einen Beweis der Arbeit der Anderen. Jetzt könnte man sich fragen, warum Sophies Dorf immer größer wird? Die Antwort ist recht einfach: evolutionstechnisch gibt es zeitlich nur zwei Möglichkeiten wie sich Sophies Gemeinschaft entwickeln kann. Entweder es nimmt durch das Umland mehr Macht ein als es kostet weil Sophie dort sehr gute Überlebensbedingungen vorfindet. Dann kann sich die Gemeinschaft vermehren. Sophie kann Kinder bekommen oder weitere Freunde in das Dorf einladen um dort friedlich zu leben. Wenn Sophies Dorf mehr Macht einsammelt als es selber verbraucht, dann wird das Dorf auch immer reicher. Der Wohlstand des Dorfes wächst und davon können auch Sophie und ihre Freunde profitieren. Außerdem wird der Wohlstand auch immer mehr Menschen anderer Regionen anziehen die versuchen ihr eigenes Leben zu verbessern und auch von der Gemeinschaft zu profitieren. Nur in diesem Fall kann das Dorf von Sophie weiter existieren. Andererseits könnte Sophie mit ihrem Dorf auch weniger Erfolg haben. Es kann eine totale Katastrophe sein wenn das Dorf z.B. regelmäßig von wilden Tieren wie Wölfe oder Löwen angegriffen wird oder es einfach nicht genug guten Boden für die Landwirtschaft bietet. Aber auch in einer guten Umgebung würde ihr Dorf nichts werden, wenn die Menschen sich nicht gegenseitig unterstützen würden sondern mehr aus dem Wohlstand der Gruppe herausnehmen als sie wieder hineinstecken. Die Freunde müssen nicht gleich an diesem Projekt der Siedlung sterben, es reicht, wenn sie bemerken dass die Gemeinschaft weniger Macht einsammeln als sie es kostet diese Siedlung am Laufen zu halten, egal woran das genau liegt. Ob sie zu wenig Macht einsammeln oder ob sie zu viel Macht ausgeben, das spielt keine Rolle. Aber solange sie langfristig mehr Macht ausgeben als sie einnehmen kann diese Siedlung nicht mehr funktionieren und die Freunde müssen das in diesem Fall erkennen und ihre Machtbilanz wieder gerade rücken durch verminderte Ausgaben oder erhöhte Einnahmen an Macht. Andernfalls wird sich die Gemeinschaft früher oder später auflösen. Die Gruppe stirbt dann zwangsweise an Machtmangel auch wenn die Gruppenteilnehmer selber das sehr wahrscheinlich überleben können. Es bedeutet lediglich, dass das Dorf gescheitert ist und jeder der ehemaligen Gruppe weiter zieht und woanders sein Glück versucht. Damit kommt man recht schnell zum Schluss, dass das Dorf von Sophie entweder gedeihen muss oder es wird verschwinden. Wenn es aber verschwindet würde es aufhören zu existieren und wir könnten nicht über das Dorf berichten. Wie wir aber um uns herum mitbekommen hat die Menschheit es insgesamt geschafft zu überleben und es gibt unzählige Dörfer wie das von Sophie die immer weiter gewachsen sind und sich zu Städten oder Metropolen entwickelt haben. All diese Städte können wir nachweisen dass sie existieren auch wenn das keine Garantie dafür ist dass auch die größten Metropolen nicht in Zukunft untergehen könnten. Aber von den unzähligen kleinen Dörfern, die es nicht geschafft haben groß zu werden bekommen wir nichts mit. Wenn Sophies Dorf also untergeht, dann ist es für die Geschichte nicht mehr relevant. Aber sollte es gedeihen, dann wird es interessant und deswegen erzähle ich diese Geschichte.
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