Gutes Geld


 Alles was sich die Menschen vorstellen können können sie auch bewerten und gegeneinander austauschen. Das können Geschichten, Wissen oder Fähigkeiten sein, meistens waren es jedoch Gegenstände aus der echten Welt, weil diese in physischem Besitz genommen werden konnten und durch den Besitz die Wertigkeit garantiert wurde. Gedanken, Geschichten oder Emails können zwar ausgetauscht werden, allerdings verliert der Verkäufer dieser abstrakten Objekte bei einem Verkauf nicht das jeweilige Wissen um diese Objekte, sodass diese Informationen beim Teilen sowohl dem Käufer als auch dem Verkäufer zur Verfügung steht. Das Wissen dieser abstrakten Objekte wird also nicht wirklich getauscht sondern vervielfältigt. Außerdem ist die Wissensübertragung nicht immer lückenlos, sodass beim Empfänger ein anderes oder verfälschtes Wissen entstehen kann. Das hat natürlich auch seinen Wert, wie wir in Schulen oder Universitäten beobachten können, aber es ist für die Menschen schwieriger den genauen Wert dieser abstrakten Objekte zu bestimmen. Wissen kann sich falsch gemerkt werden und auch wieder verloren gehen.

Viel einfacher ist es für Menschen, Gegenstände aus der realen Welt zu tauschen, deren physikalische Eigenschaften, wenn sie im physischem Besitz eines Menschen sind, jederzeit nachprüfbar und erfahrbar sind. Damit kann wenigstens der physikalische Machtwert der Gegenstände abgeschätzt werden auch wenn jeder Gegenstand weitere Machtkomponente besitzen kann, wenigstens die der individuellen Bewertung und die des Tauschhandels. Ein einfaches Kuscheltier, mit dem ein Kind sein leben lang gespielt hat, hat für dieses Kind einen höheren Wert als ein Kuscheltier aus physikalisch höherwertigen Materialien. Ein neutraler Außenstehender würde also wahrscheinlich das hochwertigere Kuscheltier höher bewerten weil es im Tausch mit anderen anonymen Menschen mehr Gegenwert verspricht während das Kind seinem eigenen Kuscheltier mehr Wert zuspricht.

Damit Akteure wie Menschen friedlich miteinander Handel betreiben, sollte der Austausch ihrer Macht in einem Handel immer ungefähr gleich bewertet werden um Streitigkeiten bezüglich des Tausches zu verhindern und dafür eignen sich Eigenschaften von Tauschobjekten besser, die beständiger und weniger subjektiv sind. Subjektiv bedeutet hier, dass die Machtwerte nicht von den einzelnen individuellen Erfahrungen und Bewertungen des zu bewertenden Akteurs abhängt, sondern von den generellen Bewertungen, die auch Akteurübergreifend getätigt werden. über die Zeit hat die Menschheit somit einige Bedingungen gefunden, die man an Objekte stellen muss, damit sie ein gutes Geld werden könnten.

  • Wertspeicher
    Die Objekte sollten beständig in ihrer zugesprochenen Bewertung sein. Und zwar Akteurübergreifend, nicht nur von einzelnen Akteuren ausgehend. Der Wert von dem Geld sollte also möglichst wenig wegen einzelnen zentralen Akteuren und deren Bewertungsänderung schwanken oder beeinflusst werden können. Die Akteure, die ihre Macht für den Erhalt des Geldes abgeben, wollen diese Macht irgendwann in der Zukunft wieder benutzen. Also sollte der gespeicherte Wert im Geld bis dahin nicht zerfallen und möglichst wenig der eigenen Macht ausgegeben werden um den immer währenden Zerfallsprozess entgegenzuwirken. Zusätzlich zum physischem Zerfall sollte der Netzwerkeffekt des Geldes stabil genug sein um starke Wertschwankungen in dem Geld zu verhindern. Denn auch die Bewertungsschwankungen können nachteilig sein weil Akteure dann auf für sich günstige Kurse warten müssen oder bei Zeitmangel zu viel Wert verliert.
  • Tauschgut
    Damit Objekte zu Geld werden müssen sie einen Tauschwert bekommen der zu dem Gebrauchswert oder dem Ideologischen oder persönlichen Bezugswert des Objektes dazu kommt. Dieser Tauschwert richtet sich danach, welche Möglichkeiten oder Macht ihm andere Akteure im Tausch für das Geld geben könnten. Wer in einem Land einen Haarschnitt bekommen will, es aber nicht einen einzigen Friseur gibt, der das Geld annimmt sondern dass die Friseure vielleicht nur Fleisch oder Beeren akzeptieren, dann bringt die Ware Geld überhaupt nichts und die Bewertung des Tauschwertes sinkt entsprechend. Ist das Geld aber für alle vorstellbaren Objekte oder Handlungen eintauschbar, dann erhöht dies den Wert des Geldes. Je nachdem wie viel Macht man durch die Aufgabe des Besitzes an ein Objekt als Geld möglicherweise bekommen könnte, danach richtet sich der Tauschwert des Objektes.
  • Recheneinheit
    Für die Quantifizierung der in dem Geld steckenden Macht benötigt jedes Geld die Fähigkeit mit ihm mathematisch rechnen zu können. Egal wie, man muss die Geldeinheiten in Zahlen umwandeln können um sie mit anderen Zahlen vergleichen zu können. Diese Umrechnung kann z.B. das einfache Abzählen von gleichwertigen Geldeinheiten sein aber auch durch normierte Volumen für Flüssigkeiten oder Gewichte für Pulver definiert sein. Diese Umwandlung muss aber eindeutig sein und keine Interpretationen zulassen. Wenn Stoffbahnen als Geld mit Ellen bemessen werden, die für jeden Menschen körperbedingt anders lang sind, dann kann es zu Schwierigkeiten beim Tauschen zwischen den Akteuren kommen, was den Tauschwert wieder reduziert.

Aus diesen Grundeigenschaften, die ein gutes Geld erfüllen muss kann man weitere Eigenschaften ableiten, die dafür sorgen, dass die Grundeigenschaften des Geldes menschenübergreifend sichergestellt werden. Wobei ich hier betonen will, dass nicht alle abgeleiteten Eigenschaften immer zwingend notwendig sind um Geld entstehen zu lassen, aber je besser diese Eigenschaften erfüllt sind, desto stabiler und sicherer ist der Wertspeicher im Geld. Man nennt diese Eigenschaften auch die Eigenschaften vom gutem Geld und je besser sie erfüllt sind, desto härter ist das Geld. Geld, das diese Eigenschaften nicht gut erfüllt nennt man Weichwährungen, die meistens von zentralen Parteien herausgegeben werden und von diesen auch manipuliert und gesteuert werden.

  • Langlebigkeit
    Die Bewertung eines Objektes verfällt natürlich auch mit dem Zerfallen des Objektes. Einen vergammelten Apfel will keiner mehr essen und wird deswegen nicht so hoch bewertet wie ein frischer Apfel. Gutes Geld sollte also aus Objekten oder Akteuren bestehen, die von sich aus in der Umgebung des Menschen nicht schnell zerfallen oder im Idealfall sich selber erneuern und erhalten. Der Erhalt oder die Regeneration des Geldobjektes sollte natürlich auch möglichst wenig Macht oder Energie kosten.
  • Mobilität
    Die Bewertung eines Objektes hängt natürlich auch davon ab, wie einfach es ist den Besitz darüber zu behalten oder mit sich zu führen. Dabei müssen viele verschiedene physikalische Faktoren wie Volumen, Gewicht, Festigkeit oder Temperatur berücksichtigt werden. Um Machtwerte von einem Ort zu einem Anderen transportieren zu können sollte es nicht zu schwer sein aber auch nicht zu voluminös, damit ein Reisender nicht mehrere unhandliche Lagerhallen mit sich herumschleppen muss. Die Kosten des Transportes des Geldes müssen auch immer mit berücksichtigt werden und ein Geld, dass sich einfach transportieren lässt ist somit auch wertvoller.
  • Austauschbarkeit
    Die Einheiten des Geldes sollten eine normierte Größe darstellen, weil sich die Menschen sonst immer um den eigentlichen Wert eines Geldstücks streiten könnten. Wenn z.B. Muscheln als Geld fungieren, dann ist ersteinmal unklar, ob rote Muscheln wertvoller sind als lilane Muscheln oder ob eine größere Muschel oder eine extrem kleine Muschel mehr Gegenwert bietet. Für den Handel ist es immer am einfachsten, wenn man ein beliebiges Geldstück benutzen kann ohne dieses Geldstückchen mit allen anderen Geldstücken vergleichen zu müssen, welches für diesen Handel am sinnvollsten geeignet ist weil jedes den gleichen Gegenwert bietet. Gleiche Geldeinheiten ersparen also die Bewertung der Geldeinheiten und bieten somit einen größeren Wert für die Händler. Außerdem kann man einfacher in den Einheiten des Geldes rechnen. Zählt man jedes Geldstück ab, so kann man mit dieser Anzahl mathematische Rechnungen durchführen und somit beliebige Probleme z.B. der Verteilung mathematisch lösen.
  • Überprüfbarkeit
    Der Wert des Geldes muss für die handelnden Akteure leicht zu erkennen sein. Denn wenn sie erst einen Experten zu Rate ziehen müssen um den Wert bestimmen zu können, dann senkt dies den Wert des Geldes weil man vermutlich auch wieder weniger Käufer für das Geld finden wird um die gespeicherte Macht wieder benutzen zu können. Speziell für von zentralen Parteien herausgegebenes Geld ist es auch wichtig, dass das Geld nicht einfach von jemanden nachgemacht werden kann und dass die Echtheit einer Geldeinheit erkennbar ist, also dass erkennbar ist, dass das Geld wirklich von dieser zentralen Partei erstellt und authorisiert wurde.
  • Teilbarkeit
    Das Geld muss sich über viele Größenordnungen der möglichen Machtbereiche erstrecken und handhabbar bleiben. Es muss kleine Aktionen oder Gegenstände abbilden können wie Sandkörner oder Öltropfen aber auch auf Größen funktionieren wie für Häuser oder ganze Länder oder Kontinente. Für jede Größenordnung muss es entsprechende Werterepräsentationen geben die sich aber auch in kleinere Werterepräsentationen unterteilen lassen können müssen. Einen mächtigen Goldklumpen zu besitzen bringt einem nicht viel wenn man ein Brötchen kaufen will, weil man ihn nicht einfach in kleinere Teile unterteilen kann.
  • Seltenheit
    Gutes Geld ist begehrt, damit es auch immer und überall schnell ausgetauscht werden kann um die im Geld gespeicherte Macht einsetzen zu können. Seltene Gegenstände haben dabei einen Vorteil weil die Seltenheit die Gegenstände begehrter macht und somit die Tauschfähigkeiten des Geldes verbessert. Gegenstände, die es sehr häufig in einer Umgebung gibt wie Sandkörner oder auf grünen Wiesen Grashalme werden auch geringer bewertet weil es sehr einfach und ohne viel Anstrengung möglich ist diese in Besitz zu nehmen anstatt die Grashalme oder Sandkörner des Tauschpartners annehmen zu müssen.
  • Historie
    Da sich die Bewertung des Geldes auch nach dem Netzwerkeffekt des Geldes richtet, also wie viele andere Akteure es gibt, die das Geldgut auch als Tauschmittel akzeptieren ist es sinnvoll, wenn das Geld schon lange benutzt wird und somit Vertrauen in der Bevölkerung besitzt. Je länger das Geld schon eingesetzt wurde, desto sicherer scheint es zu sein weil es die Zeit überdauert hat und als Geld funktioniert hat. Also ist über diesen Zeitraum das Vertrauen in das Geld nicht verloren gegangen oder das Geld wurde nicht von zentraler Stelle missbraucht, sodass es wahrscheinlich ist, dass es auch in Zukunft nicht so einfach ausgenutzt oder missbraucht werden kann.
  • Zensurresistenz
    Die wohl schwierigste Anforderung an Geld, weil diese Anforderung noch nie umgesetzt werden konnte. Physische Gegenstände können von mächtigeren Staaten kriminalisiert und beschlagnahmt werden und virtuelle Objekte können nicht einfach getauscht werden. Allerdings gibt es eben Unterschiede, ob ein Geldbestand zentral verwaltet wird und somit auch leicht enteignet werden kann oder ob man anonym mit den Geldeinheiten individuell tun und lassen kann was man selber für richtig hält.

Jedes Geld wird wie jedes Objekt von den Menschen immer wieder nach dem jeweiligen Nutzen bewertet. Einige Menschen legen dabei auf einige Eigenschaften mehr Wert als auf andere Eigenschaften, die von anderen Menschen wiederum priorisiert werden. Menschen, die wenig reisen priorisieren wohl nicht die Mobilitätseigenschaften von Geld und Menschen in diktatorisch geführten Regionen haben wohl ein erhöhtes Bedürfnis nach Zensurresistenz. Aber da das Geld erst zu Geld wird, wenn ein Großteil der Bevölkerung dieses Geld auch benutzt und somit ein starken Netzwerkeffekt bekommt, mitteln sich die Bedürfnisse an das Geld meist gut aus, denn fällt ein Geld in einer der genannten Kategorien durch, dann wird dieser Makel schnell in der Bevölkerung negativ auffallen, was deren Bewertung gegenüber des Geldes absenkt. Eine Ware wird aber zu Geld, weil es einen erhöhten Machtwert besitzt gegenüber dem reinem Konsumwert und wenn dieser abfällt, dann gibt es keinen Grund mehr diese Ware über den eigentlichen Konsumbedarf nachzufragen. Ist die Ware jedoch Geld, dann gibt es Gründe dieses Geld über den normalen Bedürfnissen nachzufragen, nämlich wenigstens der Wertspeicher oder die Wertaufbewahrung um für die Zukunft eine Machtform zu besitzen die bei Bedarf in beliebig andere dann benötigte Machtformen umgewandelt werden kann.

Menschen priorisieren von sich aus immer das härteste Geld, das sie bekommen können oder von dem sie wissen. Denn je nach Geld unterscheiden sich die Hauptanforderungen des Geldes, also der Wertespeicher, die Tauschbarkeit oder die Recheneinheiten. Gegenstände oder Waren, die kein guter Wertespeicher sind, also deutlichen Schwankungen der Bewertungen unterworfen sind, eignen sich nicht für längerfristigen Besitz weil man sich nie sicher sein kann, ob man die eingezahlte Macht in den Gegenstand auch irgendwann wieder zurück bekommt. Und nach den Kapiteln der Evolutionstheorie wissen wir, dass Menschen immerwährend Macht einsammeln müssen um nicht zu sterben. Machtverluste durch Bewertungsänderungen sind also höchst riskant für das eigene Überleben, denn ist der Machtwertspeicher komplett aufgebraucht, ob durch eigenem Konsum oder Verfall der Machtwerte, dann ist für diesen Akteur das Spiel des Lebens vorbei. Gutes Geld setzt sich deswegen evolutionär von alleine gesteuert innerhalb der Gemeinschaft der Akteure durch weil erstens Akteure die auf schlechtes Geld wetten tendenziell auch schlechter dastehen und dieses Geld somit nicht langfristig bewerben können und zweitens auf der anderen Seite die Akteure mit dem besserem Geld bessere Kontrolle ihrer eigenen Machtreserven haben und damit Vorteile für ihr eigenes Leben bekommen. Nur dass heutzutage so gut wie alles Geld sein kann und das Filtern, welches Geldsystem die besten Voraussetzungen hat nicht leicht zu bewerten ist.

Weichwährungen haben wenigstens einen Makel in einem dieser guten Geldeigenschaften und werden von einer Bevölkerung deswegen tendenziell gemieden. Im Extremfall, falls z.B. Regierungen das Benutzen solcher Weichwährungen vorschreibt, die pausenlos im Wert fallen, kann es dazu führen, dass die Menschen zwar wirklich das Geld benutzen um offiziellen Handel zu betreiben, aber bei Erhalt sofort auf den Markt rennen um es gegen andere Sachwerte einzutauschen um nicht durch weitere Bewertungsabsenkungen betroffen zu sein während sie das Geld besitzen.

Wegen der unterschiedlichen Priorisierung, aber auch wegen historischem Verständnis vom Geld haben sich im Verlaufe der Zeit einige Warengelder gebildet die wieder verschwunden sind. Die Prinzipien der Evolution haben natürlich seit Anbeginn des Tauschhandels zwischen den Menschen gegolten, aber das Bewusstsein für die Notwendigkeit dieser Eigenschaften und vor allem die technischen Möglichkeiten zur Sicherstellung dieser Eigenschaften waren historisch nicht gegeben, sodass es viele experimentelle Währungen auf der Erde gab die alle ihr Ende gefunden haben, was dramatische Auswirkungen auf die Menschen gehabt hatte, die auf die Werte des Geldes angewiesen waren.

Während Nahrung wegen der Haltbarkeit recht schnell ausschied gab es früher sehr langlebige Objekte wie Steine, Muscheln oder Münzen, die viele der aufgezählten Eigenschaften in sich vereinen konnten. Diese Gelder scheiterten jedoch, weil es entweder noch effizientere Geldsysteme gab, von denen sie verdrängt wurden (Steine -> Münzen) und das Münzgeld scheiterte wenigstens an der Überprüfbarkeit dass die Münzprägereien weniger edelere Metalle für die Einheitsgrößen verwendeten und diese somit zentral gesteuert entwerteten.



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Letztes Update: 03.Oct.2024